Der Freistaat Sachsen überlässt Autisten der Psychiatrie

Situation

    Der Freistaat Sachsen überlässt Autisten der Psychiatrie
Situation im Freistaat Sachsen - "Frühkindlicher Autismus" -

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In Beziehung auf die Untersuchungen in Europa, Kanada, und USA über die Häufigkeit von Autismus-Spektrum-Störungen, siehe - Merkzeichen -, ergibt sich folgende Sachlage:
Mit einer Einwohnerzahl von etwa 4 Millionen leben 5.200 - 8.800 Menschen mit frühkindlichem Autismus im Freistaat Sachsen. 
Unter Beachtung einer Lebenszeit von 4 Generationen kommen für Wohnformen außerhalb des Elternhauses 2 Generationen in Betracht. 
Das wären noch 2.600 - 4.400 erwachsene Menschen.
Nach einer Expertise vom Autismus-Therapiezentrum Trier, sind 36 % dieser erwachsenen Menschen auf sehr weitgehende fachliche Unterstützung oder Tätigkeiten angewiesen; mit einem Unterstützungsaufwand von 82% des täglichen Lebens - hoher Unterstützungsbedarf - .
Für das lebenslange Wohnen wären für 936 -  1584 Menschen "besondere Wohnformen" auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen vorzuhalten.
In Bezug auf die akut kritische genannte Situation, siehe  - Merkzeichen -  von Eltern in der letzten 4. Generation von 60 bis 80 Jahren mit nun etwa 30 bis 50 jährigen erwachsenen autistischen Kindern mit frühkindlichem Autismus, halbiert sich der Personenkreis nochmals auf 468 - 792, die jetzt unmittelbar einen Wohnheimplatz, bezeichnet als "besondere Wohnform", benötigen und/oder vorgehalten werden müssen.
In Beziehung auf die Angaben des Bundesverbandes Autismus Deutschland e.V.  gibt es derzeit etwa 80 Wohnheime, die sich an die Leitlinien für Wohnformen für Autisten im gesamten Bundesland Deutschland halten, aber keines im Freistaat Sachsen,  als einziges Bundesland.

Die Autismuszentren in Bautzen, Leipzig, Chemnitz und Dresden,  bieten für den Kinder-und Jugendbereich Eingliederungshilfe und für Erwachsene Beratungsleistungen an. Die Angebote sind ausschließlich ambulant konzipiert. Die AG Autismus des VDS Sachsen e.V. kümmert sich um  schulische Belange  von Autisten im Alter bis 18 Jahre. 

Autismus-Zentren > Autismus > Wohnen > kein Thema. 

Der Sächsische Landesbeirat für die Belange von Menschen mit Behinderungen unterstützt den Beauftragten der Sächsischen Staatsregierung in allen wesentlichen Fragen, die die Belange von behinderten Menschen berühren; in Kenntnis der beschriebenen Situation ist der Landesbeirat untergetaucht.

Landesbeirat > Autismus > Wohnen > kein Thema

In Beziehung auf eine Auskunft vom November 2019 des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales  ist der
Kommunale Sozialverband Sachsen (KSV Sachsen) der zuständige Rehabilitationsträger für Wohnangebote für Menschen mit Autismus und hohem Unterstützungsbedarf.

Der KSV Sachsen, Fachdienst Vereinbarungen und Sozialplanung, nennt in einer Stellungnahme vom 12. Juli 2019 zur Sache
"Wohnangebote im Freistaat Sachsen für Menschen mit Behinderungen und Autismus"  an den Sächsischen Landesbeirat weit über 200 Plätze für Menschen mit Behinderungen und "schwersten Verhaltensauffälligkeiten", "ausgehend von der Bedarfslage". 
In der Stellungnahme werden 5 Standorte von Wohnangeboten in Sachsen genannt.
  • Lebenshilfewerk Hohnstein-Ernstthal
  • Theodor Fliedner-Stiftung Sachsen gGmbH, Hohndorf
  • Autismuszentrum Chemnitz
  • Christliche Sozialwerk gGMBH Dresden
  •  Autismusverein Vogtland
Bei meiner Recherche ergaben sich verteilt auf verschiedene Orte im Freistaat Sachsen folgende Resultate:
  • 12 Wohnheimplätze für Verhaltensgestörte und Autisten
  • 50 Plätze in Wohngruppen für geistig- und mehrfachbehinderte Menschen, auch Autisten
  • 12 Personen in einer intensivpädagogischen Wohngruppe, auch Autisten
2 genannte Wohnangebote existieren nicht.
Bei einigen Gesprächsteilnehmern der konsultierten Wohnheime war der erforderliche Prozeß Einzug und Integration von autistischen Menschen in ein Wohnheim unbekannt.

In der Stellungnahme des KSV Sachsen wird weiterhin ausgeführt, daß der tatsächliche Bedarf dieser sehr spezifischen Zielgruppe „sehr gering sei“.
Die Mehrzahl der in Rede stehenden Personen "werden in bestehenden Wohnangeboten versorgt".
46 Kostenzusagen für Menschen mit geistiger Behinderung und Autismusspektrumstörung, die in speziellen Wohnheimen versorgt werden, wären erfolgt.

Wer überwacht nun inhaltlich, pflegerisch, betreuungstechnisch  die Einrichtungen,  wo diese autistischen Menschen in bestehenden Wohnangeboten
„versorgt“  werden, in Psychiatrien, in Alters- und Pflegeheimen oder in Wohnheimen, die in unterschiedlichen Trägerschaften im Freistaat Sachsen für Menschen mit Behinderung vorhanden sind ? Eine Qualitätsanforderung in Beziehung auf die qualitative Betreuung der Klientel in den Einrichtungen schreibt das Sächsische Betreuungs- und Wohnqualitätsgesetz nicht vor.   

Aus der von mir genannten Statistik ist ersichtlich, es  betrifft  mindestens  468 bis 792 Menschen mit autistischer Behinderung und hohem Unterstützungsbedarf  im Freistaat Sachsen, die häufig die Merkzeichen B und H und G gleichzeitig im Behindertenausweis eingetragen bekommen haben.
Wo sind diese erwachsenen Menschen mit dieser Behinderung,  bereits in Psychiatrien überstellt, oder in Alters- und Pflegeheimen eingewiesen?
Wo ist die statistische Erhebung für "sehr gering" ?

Auf eine gesonderte  Anfrage an den KSV Sachsen, warum es im Freistaat Sachsen keine Wohnangebote gibt, welche konzeptionell auf die Bedürfnisse von Menschen mit autistischer Behinderung  ausgerichtet sind, erhielt ich von der Verbandsleitung folgende Auskunft:
„Generell ist dazu auszuführen, daß die Etablierung solcher Angebote allein der Entscheidungshoheit der Einrichtungsträger obliegt“.
Damit hat der KSV Sachsen seine Verantwortung abgeschüttelt. 
Subsidiarität ist doch eigentlich andersherum zu verstehen.  Der Staat hält Leistungen vor und zieht sich dann erst zurück, wenn andere Träger diese Leistungen übernehmen.

Der KSV Sachsen offenbart deutlich das jahrelange und bis heute anhaltende Unvermögen, eine Struktur für die Lebenszeit von Menschen mit autistischer Behinderung und hohem Unterstützungsbedarf für ein lebenslanges Wohnen aufzubauen;
in 30 Jahren im Freistaat Sachsen von Staatswegen nicht organisiert -  nicht für notwendig gehalten - politisch nicht gewollt.

KSV Sachsen > Autismus > Wohnen > Ich hoffe nicht, daß diese Institution einer staatlichen Förderung der Heuchelei und Scheinheiligkeit unterworfen ist.

Kontakt:
Eckhard Hofmann
E-Mail: lichtundleben@t-online.de
(c) Eckhard Hofmann, April 2020









    
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